Die Stimmung muss schon sehr bescheiden sein, wenn der Kapitän einer Mannschaft im Finale die Fans animieren muss, lauter zu schreien. Aber im DFB-Pokalfinale in Berlin, das Borussia Dortmund mit 2:1 gegen Eintracht Frankfurt gewann, hielt es BVB-Kapitän Marcel Schmelzer in den letzten Minuten nicht mehr auf der Bank. Der 29-Jährige sprang auf, schrie die Dortmunder Anhänger an, wedelte mit den Armen, versuchte mehr Unterstützung aus dem Dortmunder Fanblock herauszukitzeln. Schließlich musste seine Mannschaft gerade eine 2:1-Führung über die Zeit retten.
Es ist nur eine kleine Anekdote des großen schwarz-gelben Erfolges, aber es passte ins Bild, das die Dortmunder Fans an diesem Abend abgaben. Die Ultras nutzten die Partie, um ihren Protest gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) auszudrücken – oder viel mehr dem DFB den Krieg zu erklären, wie es auf einem natürlich überspitztem Banner stand. Dazu brannten sie immer wieder Pyrotechnik ab. Obwohl die Dortmunder wegen wiederholter Vergehen im Pokalfinale schon Mal unter Bewährung standen, was nach den Vorfällen gegen RB Leipzig letztlich zu der Sperrung der Südtribüne führte. Unterstützt wurden die BVB-Anhänger in ihrem Protest von den Fans der Eintracht, die ebenfalls Pyrotechnik zündeten und gemeinsam mit den Schwarz-Gelben den ziemlich eindeutigen Spruch schrieen „Scheiß DFB“.
Genau dieser DFB kündigte nach dem Endspiel Konsequenzen an. „Wir werden die Vorfälle mit den Sicherheitsbehörden analysieren, und die Sportgerichtsbarkeit wird sich intensiv mit notwendigen Sanktionsmaßnahmen befassen“, sagte Friedrich Curtius, Generalsekretär des Verbandes. „Es ist völlig inakzeptabel, dass einige Chaoten dieses wunderbare Pokalfinale, auf das sich so viele Zuschauer freuen, als Bühne missbrauchen und die anständigen Fans, Familien und Kinder im Stadion durch Abbrennen von Pyrotechnik gefährden“, sagte Curtius. Es habe deutlich verstärkte Kontrollen gegeben. „Dass dennoch Feuerwerk ins Stadion gelangen konnte, zeigt die hohe kriminelle Energie, mit der hier einige Gruppen vorgehen.“
Fest steht: Das Abbrennen von Pyrotechnik ist verboten, die Dortmunder Ultras nahmen die drastischen Konsequenzen für den Verein in Kauf. Fest steht aber auch, dass man beim DFB wenig Motivation zeigt, sich mit der Kritik auseinanderzusetzen, wenn man die Anhänger einfach als „Chaoten“ abstempelt. Denn Kritik drückten nicht nur die Ultras aus.
Überspitzte Kriegserklärung als Kritik an Kommerzialisierung
Diese wollten mit ihrer natürlich überspitzten Kriegserklärung wohl vor allem die Kommerzialisierung des Finales kritisieren. Etwa die als Event inszenierte Präsentation des DFB-Pokals durch Katarina Witt oder der Auftritt von Schlager-Königin Helene Fischer. Diese wurde nicht nur von den Ultras, sondern von zahlreichen Anhänger ausgepfiffen. Auch die „Scheiß DFB“-Rufe wurden nicht nur von den Ultras gebrüllt. Es scheint, als sehnen sich viele Anhänger wieder nach einem normalen Fußballspiel ohne Glamour. Dazu passte auch die Kritik am Fischer-Auftritt von Frankfurts Sportdirektor Fredi Bobic. „Das hat beim Pokalfinale nichts zu suchen“, meinte er.
Allerdings hemmten die BVB-Ultras durch ihren Protest die Stimmung aller Anhänger, die nicht wirklich wussten, wie sie reagieren sollten. Die Ultras brannten auch während der Partie ihre Fackeln ab, sangen ihre Lieder, der Rest den Fanblocks schwieg lange Zeit. Das änderte sich erst, als Marcel Schmelzer die eigenen Anhänger animierte, auch ihm kam es seltsam ruhig vor.